Junge Redakteur:innen: Club Polis

von Carla Gessing

In einer Welt unzähliger Wahrheiten und Lügen, die man nicht einmal immer versteht, die Wahrheit zu finden, scheint wie eine kaum überwindbare Reise. Vielleicht ist es das Stück „WHERE THE TRUTH LIES“, das eine Reise durch die Absurdität des Lebens selbst setzt. Genutzt werden die Fähigkeiten des Theaters deutlicher als verbale Sprache und damit auch die Fähigkeit, ganz nah zu kommunizieren und auch Verständnis untereinander zu finden, während man Grenzen überwindet. Die Körpersprache der Spielenden ist ausdrucksstark und vielsagend. Man spürt von jede:r/jede:m eine fantastische Bühnenpräsenz, besonders als gemeinsame Gruppe. Das Stück ist unglaublich abwechslungsreich. Den Zuschauenden werden Mittel des Sketches, abstrakter Performances und vieles mehr präsentiert. Ob Labor, Philosophiehöhlen oder Warteräume im Amt, Atmosphären werden durch verschiedenste Räume kreiert, die wir an diesem Abend bereisen. Die Zuschauenden machen sich mit auf eine Reise als Wahrheitssuchende.

Wie ein gelber Faden, der sich durch das Stück zieht, trägt einer der Spielenden jeweils immer wieder eine gelbe Jacke und einen Rucksack. Diese Figur leitet uns auf einer surrealen Reise durch eine teilweise bekannte und doch unbekannte Welt. Man beobachtet eine Art Traum oder Videospiel, weswegen sich die Absurdität immer mehr zuspitzt.

Zusätzlich arbeitet das Stück mit verschiedenen Medien und Bühnensprache und setzt diese treffend ein. Musik bringt abstrakt die Körper auf der Bühne zur Verzweiflung. Ein Schattentheater deutet das Flüchten vor einem Krieg an und selbstgemachte Stop-Motion-Videos sorgen für surreale Stimmung. Besonders die Musik und das Sounddesign – von den Clubmitgliedern selbst produziert – untermalen das Spiel auf der Bühne fantastisch, wenn die Musik nicht manchmal auch zum/zur Sprechenden wird. Berührend wird auch das Singen eines ukrainischen Liedes über Hoffnung am Ende des Stücks etabliert. Dadurch wird hier noch einmal eine unglaubliche Stärke des Stücks deutlich. Vor dem Publikum steht wirklich eine Gruppe, bei der jeder Mensch ein bereichernder Teil von ihr ist. Ohne diese einzelnen Personen wäre dieser Abend und wären auch diese bestimmten positiven Aspekte nicht so geworden, wie sie jetzt sind. Jeder Mensch, mit seinem eigenen Blick auf die Welt, bildet vielleicht eine Wahrheit. Musik dient besonders als das Überwinden von Grenzen, die es zwischen Menschen geben kann. Man merkt hier eben: Musik berührt mit einer eigenen Sprache.

Die Interpretation durch das Publikum und die Projektionsfläche werden zum Großteil offengehalten. Dies ist eine der Stärken des Abends. Es wird etwas gezeigt ohne zu predigen, während man sich immer der Unechtheit des Geschehens auf der Bühne bewusst bleibt. Wobei die gezeigten Aussagen viel stärker wiegen können als die Aussagen durch Worte. Denn eben damit spielt dieser Club – alles, was stärker sein kann als Worte. Und gleichzeitig zeigt der Abend auch, wie stark und mächtig Worte sein können, wenn sie missbraucht oder nicht verstanden werden.

Die Zuschauenden werden in die auf der Bühne kreierte Welt, in der man weiß, dass das gespielte sowohl Wahrheit als auch Lüge zugleich ist, integriert. Denn ist nicht alles Gespielte nur gelogen? Wie viel Wahrheit verbirgt sich dann noch im Theater? Die Themen, mit denen sich die Spielenden auseinandergesetzt haben, sind vielseitig und hochaktuell. Doch auch bei den aktuellen Themen des Krieges in der Ukraine, wo Wahrheiten und Lügen als Waffen eingesetzt werden, bleiben nicht die einzigen Themen im Stück. Viele Themen des alltäglichen Lebens finden wir auf der Bühne. Die Sprache wird bewusst und vielseitig eingesetzt: Für die Worte ‚Lüge‘ und ‚Wahrheit‘ bieten die vier Sprachen jeweils eine andere Übersetzung. Gleichzeitig ist einem nicht immer bewusst, welche Spielende außerhalb der Bühne welche Sprache sprechen, denn hier sprechen sie eine gemeinsame Sprache. Bei dieser Sprache verstehen wir vielleicht auch nicht alles gleich und an manchen Stellen dann vielleicht doch. Auf jeden Fall ist zu empfehlen, sich bei dieser Suche nach der Wahrheit mitreißen zu lassen. Was einen dort erwartet, kann man wohl nur selbst erfahren.


Carla ist Teil der Jungen Redakteur:innen – ein junges Schreibkollektiv, das Artikel rund um das Festival ClubFusion schreibt.