Junge Redakteur:innen: Fusion.Club

Lena schreibt über "Das langweiligste Stück der Welt!" ClubFusion 2025

Das langweiligste Stück der Welt? Na dann mal los. Keine Handlung, keine Requisiten, keine dramatischen Wendungen. Und trotzdem (oder gerade deshalb) entsteht in dieser Inszenierung ein Theatermoment, der irritiert und belustigt.

Draußen, auf einer grünen Wiese im Richard-Wagner-Hain, sitzen wir im Gras. Vogelgezwitscher im Hintergrund, Kinderstimmen aus der Ferne. Vor uns stehen die Spielenden – schlicht gekleidet in schwarzen T-Shirts, ohne Kulisse, ohne alles. Nur sie selbst, ihre Körper, ihre Mimik. Und die Frage: Was passiert, wenn nichts passiert? Es ist ein radikaler Perspektivenwechsel. Keine klassische Handlung, kein Spannungsbogen – sondern eine körperlich-performative Auseinandersetzung mit einem Gefühl, das sonst kaum Bühne bekommt: Langeweile. Das, was wir meist überdecken mit Scrollen, Reden, Planen. Hier steht sie plötzlich im Mittelpunkt. Und was macht das mit uns? Wenn wir mal nicht überflutet werden mit Reizen? Wenn keine Story uns anleitet, sondern wir selbst uns einlassen müssen – auf minimale Bewegungen, auf scheinbar bedeutungslose Abläufe? Das langweiligste Stück der Welt holt uns raus aus der Komfortzone. Und hinein in einen Zustand, in dem Aufmerksamkeit neu justiert wird.

Die Spielenden zeigen Bewegungsformen, die vielfältiger kaum sein könnten: von individuellen, improvisierten Gesten bis hin zu kollektiven choreografierten Momenten. Da wird mal gehüpft, mal gezuckt, mal innegehalten. Manchmal reagiert das Publikum mit Lachen – aus Irritation oder echter Freude. Vielleicht ist genau das die Ironie: Wer versucht, möglichst langweilig zu sein, trifft auf ein Publikum, das lebhaft reagiert. Entstanden ist das Stück in nur sechs Tagen – entwickelt vom eigens für das Festival gegründeten Fusion.Club in Zusammenarbeit mit der israelischen Choreografin Renana Raz.

Wer bereit ist, sich auf eine andere Form von Theater einzulassen, wird hier belohnt: mit einem Gefühl von Gemeinschaft, mit dem Mut zum Weniger, und vielleicht mit einem neuen Blick auf ein Gefühl, das wir sonst lieber meiden.


Lena Schwinger ist Teil der Jungen Redakteur:innen – ein junges Schreibkollektiv, das Artikel rund um das Festival ClubFusion schreibt.